KI hängt Weltklassepiloten ab (2024)

DrohnenrennenKI hängt Weltklassepiloten ab

Im Schach hat der Mensch gegen KI-Systeme längst keine Chance mehr. Aber bei Geschicklichkeitsaufgaben ist das oft anders. Nun haben Forscher Topdrohnenpiloten gegen eine KI antreten lassen.

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KI hängt Weltklassepiloten ab (1)

Bereits 1996 hat das KI-System Deep Blue den damaligen Schachweltmeister Garri Kasparow matt gesetzt. 20 Jahre später konnte AlphaGo Lee Sedol, den lange Zeit stärksten Spieler in dem komplexeren Spiel Go, schlagen. Auch in anderen Computerspielen ist die künstliche Intelligenz (KI) dem Menschen inzwischen überlegen.

Das galt allerdings lange nicht für physische Wettbewerbe wie Drohnenrennen. Dabei muss man eine Drohne – meist einen Quadrokopter mit vier Rotoren – durch einen Parcours aus Toren steuern. Die ersten KI-Systeme waren gerade einmal halb so schnell wie menschliche Piloten.

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Das hat sich geändert, zumindest in einem Test von unbemannten Fluggeräten. An der Universität Zürich in der Schweiz ist ein KI-System entwickelt worden, das Drohnen schneller ins Ziel steuert als menschliche Champions. Die KI-Drohne namens Swift siegte in 15 von 25 Rennen gegen drei der weltbesten Piloten von Renndrohnen bei Geschwindigkeiten von teilweise mehr als 100 Kilometern pro Stunde. Die Studie einer Forschergruppe um Robotiker Davide Scaramuzza ist in der Fachzeitschrift »Nature« erschienen.

»Physische Sportarten sind für die KI eine größere Herausforderung, weil sie weniger vorhersehbar sind als Brett- oder Videospiele«, wird Scaramuzza in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Neuere Lösungen nutzen ein externes Positionsbestimmungssystem (Motion-Capture-System), um die KI stetig mit Positionsdaten der Drohne zu versorgen.

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Auch die Autoren der aktuellen Studie griffen auf ein solches System zurück – allerdings nur für das Training der KI, beim Wettbewerb mit den menschlichen Piloten kam es nicht zum Einsatz. Stattdessen verwendet »Swift« die Kameradaten sowie die Beschleunigung und Geschwindigkeit, die von einer Trägheitsmesseinheit bereitgestellt werden. Solche Systeme ermöglichen eine autarke, wenn auch weniger genaue Orientierung im Raum als per GPS.

Neuronale Netze trainieren KI-Drohne

»Swift« besteht aus zwei entscheidenden Komponenten: Das Wahrnehmungssystem übersetzt die umfangreichen Kamera- und Trägheitsdaten in einen effizienten Code. Anschließend decodiert das Kontrollsystem die Daten und erzeugt Steuerbefehle für die Drohne. Alles in Bruchteilen von Sekunden.

In beiden Komponenten kommen künstliche neuronale Netze zum Einsatz, wodurch das System lernfähig wird und trainiert werden kann. Die KI wählt während des Rennens die beste Aktion aus, um die Strecke so schnell wie möglich zu beenden.

Die menschlichen Konkurrenten, gegen die »Swift« nach einem Monat simulierter Flugzeit antrat, waren Alex Vanover, der Drone Racing League Champion 2019, Thomas Bitmatta, der MultiGP Drone Racing Champion 2019, und der dreifache Schweizer Meister Marvin Schaepper. Die Rennstrecke bestand aus sieben quadratischen Toren, die auf einer Fläche von 25 mal 25 Metern in der richtigen Reihenfolge durchflogen werden mussten.

KI ist schneller, aber der Mensch bislang flexibler

Insgesamt gewann das KI-System zwar mehr Rennen als die Toppiloten und schaffte die schnellste Runde mit einer halben Sekunde Vorsprung. Die menschlichen Piloten zeigten sich indes in Situationen anpassungsfähiger als »Swift«, die von den Trainingsbedingungen der autonomen Drohne abwichen – wenn es zum Beispiel zu hell war im Raum.

Die Drohnenrennen sind für die Forscher kein Selbstzweck, denn schnelle autonome Drohnen lassen sich vielfach nutzen. »Nicht zuletzt kann eine hohe Fluggeschwindigkeit einen entscheidenden Unterschied in Rettungsaktionen machen – etwa bei Drohnen, die in ein brennendes Gebäude geschickt werden«, sagt Scaramuzza. Und sicher dürfte sich auch das Militär für solche Geräte interessieren.

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Auch Guido de Croon von der niederländischen Delft University of Technology sieht ein großes Potenzial in der Arbeit der Schweizer Forscher. In einem »Nature«-Kommentar nennt er das Forschungsergebnis ein »tolles Beispiel dafür, wie Robotiker die Realitätslücke überwinden«.

Allerdings seien die Ergebnisse in einer klar definierten Umgebung erzielt worden. »Um menschliche Piloten in jeder Rennumgebung zu schlagen, muss die Drohne mit äußeren Störungen wie dem Wind, aber auch mit wechselnden Lichtverhältnissen, weniger klar definierten Toren, anderen Renndrohnen und vielen weiteren Faktoren klarkommen – allesamt Faktoren, die die bestehenden KI-Techniken vor große Herausforderungen stellen«, schreibt de Croon.

Anmerkung der Reaktion: Die Passage zum Duell von Lee Sedol gegen einen Computer wurde präzisiert. Sedol war damals nicht mehr Führender der Weltrangliste.

dpa/joe

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